Brukenthals Erbe in Leschkirch


Nachhall
Wirkungsgeschichte

von Lisa Fischer

Der Geburtsort Samuel von Brukenthals, Leschkirch, hatte eine der ältesten Kirchenburgen Transsilvaniens. Ursprünglich in romanischem Stil erbaut, sollte sie die Bevölkerung über Jahrhunderte hinweg vor feindlichen Übergriffen schützen. Der kleine Samuel war visuell und real im Angesicht des imposanten Bauwerks mit seinen verschiedenen Ecktürmen aufgewachsen. Für die Familie Brukenthal war die Kirche zentrales Element in ihrem Leben; sie wurde immer wieder mit Spenden bedacht. So übergab die Witwe von Samuels Bruder Michael den Verantwortlichen 1778 eine Geldspende zur Verbesserung der Orgel. Diese war ihrerseits – wie aus einem in der Kirche angebrachten Ephitaph ersichtlich ist – bereits von Samuels Vater Michael Brekner gestiftet worden.
Als 1798 der Glockenturm der Kirche einstürzte, beschloss man, neben der alten eine neue Kirche zu errichten und jene nach Fertigstellung des neuen Gebäudes abzutragen. Die Arbeiten dauerten von 1803 bis 1806 und konnten nur durch höchsten Arbeits- und Finanzeinsatz der Bevölkerung bewerkstelligt werden. Auch Samuel von Brukenthal beteiligte sich 1802, ein Jahr vor seinem Tode, mit einer großzügigen Geldspende von 1000 Gulden, ein Viertel seiner Jahrespension. Da der Kostenvoranschlag 3776 Gulden ausmachte, war diese Summe nicht unbeträchtlich. Das Altarbild fertigte Franz Neuhauser, der auch für Brukenthal tätig gewesen war, im Jahre 1816. Die Kanzel, die von Regina von Brukenthal und ihrem Schwiegersohn gestiftet wurde, war 1825 fertig gestellt. Hier befindet sich auch, in imposanten goldenen und blauen Farben umgesetzt, das ursprüngliche Wappen der Brukenthals. Die Familie hinterließ sichtbare Spuren.
Die Innenausstattung der neuen evangelischen Kirche in Leschkirch zeigt zudem die stilistische Wirkungsgeschichte von Brukenthals architektonischer Hinterlassenschaft. Motive wie jene Musikinstrumente, die sich auch in seinem Palais in Hermannstadt befinden, erscheinen hier in gleicher Aufmachung unter der Orgel. Das horizontal verlaufende Querband ist sowohl an der Außenwand des Brukenthal-Museums als auch als Stuckatur in den Festsälen wahrzunehmen.
Ob Brukenthal an sein Sponsoring gestalterische Wünsche geknüpft hat, ist mangels Quellen nicht eindeutig festzustellen. Dennoch sind die Ähnlichkeiten von Stilelementen zwischen dem Hermannstädter Palais und dem Leschkircher Gotteshaus unübersehbar. Damit reiht sich die Kirche als wesentliches wirkungsgeschichtliches Zeugnis in einen virtuellen Brukenthal-Pfad ein. Ebenso wie das Museum in Hermannstadt und wie „Klein Schönbrunn“ mit seinem einzigen Barockgarten Rumäniens in Freck sind die rumänisch-orthodoxe Kirche von Poplaca mit dem Barockportal und Leschkirch außergewöhnliche Kulturdenkmäler.
Leschkirch hat seine sächsischen Einwohner und Einwohnerinnen bis auf eine Person, deren Sarg im Kirchenraum aufbewahrt wird, verloren. Die Häuser werden von rumänischer Bevölkerung und von Roma bewohnt. Das Gotteshaus ist geschlossen, die Erinnerung an seine kunsthistorischen Besonderheiten droht zu versinken. Das der Kirche gegenüberliegende ehemals imposante Geburtshaus des Freiherren ist in desolatem Zustand und verfällt. Das historische Vermächtnis und die Botschaft dieses virtuellen Pfades aber ist jenes immaterielle Kulturerbe, das durch die Gebäude und ihre Schätze unmissverständlich vor Augen steht.
Aus seinen Einzelteilen zu einem Gesamtkonzept zusammengefügt entsteht ein Bild, das sich aus dem visionären Denken der Aufklärer des 18. Jahrhunderts und seiner siebenbürgischen Proponenten speist: ein Modell der Möglichkeit einer Verbindung des Schönen mit dem Nützlichen als Beitrag zu einer „allgemeinen Glückseligkeit“. Ränder werden zu neuen Kreuzungspunkten und Peripherien zu Impulsträgern für die Zentren – wenn das verantwortungsvolle Erinnern über das bereits Vorgedachte zu Nachahmung lädt.

 

Lisa Fischer, Eden hinter den Wäldern, Samuel von Brukenthal: Politiker, Sammler, Freimaurer in Hermannstadt/Sibiu, hora Verlag Hermannstadt 2007, S.168 -171.

Links zum Thema Brukenthal / Leschkirch:

Wie Brukenthals Erbe verschwindet:

http://salveazamonumentul.blogspot.de/2011/08/cum-dispare-mostenirea-brukenthal.html

Vergessene Denkmähler: das Brukenthalhaus in Leschkirch/Nocrich:

http://www.monumenteuitate.ro/en/monument/176/Nocrich-Brukenthal#prettyPhoto

In Erinnerung an Samuel von Brukenthal. Amintirea Guvernatorului Samuel von Brukenthal:

http://predescudf.blogspot.de/2011/07/amintirea-guvernatorului-samuel-von.html

Samuel von Brukenthal:

http://www.revistatransilvania.ro/arhiva/2003/pdf/numarul11-12/art16.pdf

Wanderweg Samuel von Brukenthal:

http://rumaenien.projekt-one.de/2007/10/31/wanderweg-samuel-von-brukenthal-tour-4/?nggpage=2

Visiting the transylvanian City of Sibiu / Euromaxx City:

http://www.youtube.com/watch?v=_rCw-dOFxdo

 

 

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