Rumänische Märchen aus Leschkirch


Zwei kluge Schwestern

Es war einmal ein Rumäne, der war sehr arm, hatte nur eine Hütte, ein kleines Stückchen Feld und zwei Töchter. Jetzt ging er einmal auf sein Feldchen und fing an zu graben. Als er grub, traf er auf einen kleinen Kessel voll Dukaten. Er nahm ihn gleich in die Hand und ging nach Hause, nur einmal begegneten ihm zwei Soldaten, die wünschten ihm einen guten Tag und fragten, was er im Kesselchen habe. Dieser alberne Mensch sagte es ihnen. Da sprachen die Soldaten, der Kessel sei ihnen, sie hätten sich ihn auf seinem Feld versorgt. Dieser Mann, wie ein Dummer, dachte es wäre auch so, und gab ihnen den Kessel gleich. Diese nahmen ihn und gingen bis nach Leschkirch ins Wirtshaus.

Als der Alte nach Hause kam, erzählte er es seinen Töchtern. Diese konnten sich beide vor Entrüstung nicht erholen. Da beschlossen sie untereinander, sie sollten zusammen nach Leschkirch ins Wirtshaus gehen und versuchen, ob sie die beiden nicht überlisten könnten. Die Mädchen waren beide schön. Als sie ins Wirtshaus kamen, sahen sie diese beiden Betrüger am Tisch, auf der Seite den kleinen Kessel. Jetzt wünschten die Mädchen einen guten Tag und setzten sich auch zum Tisch und fingen an zu plaudern. Dann fragten die Soldaten, wie sie heißen. Die eine sagte Ursice (Nessel), die andere Palonide (Distel). Jetzt brachte die Wirtin Wein, die Mädchen tranken nicht sehr, aber die Soldaten hatten genug im Kopf, dann fingen sie mit der jüngern an, Karten zu spielen, nur einmal nahm die andere das Kesselchen unter die Schürze und verschwand. Als die sah, daß sie glücklich hinaus war, blieb sie noch ein wenig, dann sagte sie, sie hätte mit der Wirtin etwas zu reden und ging hinter ihrer Schwester nach Hause. Die Soldaten saßen noch eine Weile, da sahen sie nur einmal, daß der Kessel fehlte. Sie gingen hinaus und riefen in einem fort. »Wirtin, wo ist die Ursice, wo ist die Palonide!« Aber die Wirtin dachte, sie wären betrunken, und rief ihren Mann herbei. »Was wollt ihr denn mit Nesseln und Disteln, wir haben keine hier.« – »O ja, sie waren doch hier.« – »O nein, wir haben keine solche hier.« Es war aus und vorbei, die Ursice und Palonide waren fort, niemand wußte, daß die Soldaten die Mädchen meinten, so hatten erstere nicht, woher sie zu nehmen. Aber diese gelangten fröhlich in Frieden und Gesundheit nach Hause und wurden durch dies mit Dukaten angefüllte Kesselchen reich.

Nicolai Duda, Alzen

Die Mär von einen Menschen aus dem Dorf

Es war einmal, und wenn es nicht gewesen, würde man es nicht erzählen. Es war ein Mann, dem gefiel es nicht mehr in seinem Dorf. Er dachte immer, in der Stadt würde es besser sein. Die Städter würden Besseres essen und nichts arbeiten. Er nahm sich den Tornister und seinen Hund und brach auf den Weg. Als er ging, begegnete er einem aus seinem Dorf, der fragte ihn: »Wohin gehst du, bade?« Dieser antwortete fröhlich: »In die Stadt, ich soll Fleisch von Hühnern essen und gut leben.« – »Und den Hund, wohin führst du ihn?« – »Auch ihn nehme ich mit in die Stadt, er soll Knochen von Hühnern essen und auch gut leben.« Gut.

Es verging, wieviel vergangen sein wird, nach einiger Zeit begegneten sich diese beiden wieder, der bade kam traurig auf dem Wege aus der Stadt. Dieser fragte ihn: »Von wo kommst du, bade?« – »Aus der Stadt«, antwortete er traurig, fast weinend. »Und den Hund, wo hast du ihn gelassen?« – »Ich habe ihn gegessen« (weinerlich). So geht es allen Leuten, die nicht mehr zufrieden sind in ihrer Heimat.

(Leschkirch)

Schullerus, Pauline: Rumänische Volksmärchen aus dem mittleren Harbachtal. Bukarest: Kriterion 1977, S. 378-379. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20007892780
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