Ein „bewegendes Gefühl“


(aus der Hermanstädter Zeitung, Ausgabe-Nr. 2454, 30.10.15)

Die evangelische Kirche in Leschkirch wurde vergangenen Samstag nach beendeten Sanierungsarbeiten im Beisein von über 30 Gästen aus Deutschland, meist ehemalige Leschkircher, und anderen Gästen, eingeweiht. Der Vorsitzende der HOG Leschkirch, Walter-Andreas Theiss, übergab den Schlüssel symbolisch an den Dechanten des Hermannstädter Kirchenbezirks, Dietrich Galter, der seinerseits den Schlüssel dem nun für Leschkirch zuständigen Pfarrer Reinhold Boltres reichte. Im Gottesdienst zu predigen eingeladen war der aus Leschkirch stammende Pfarrer Hans Bruno Fröhlich, heute Dechant des Schäßburger Kirchenbezirks.

Für die Leschkircher war es auf jeden Fall ein „bewegendes Gefühl“,  wie sich Theiss ausdrückte und wie auch Hans Bruno Fröhlich andeutete: „Wir erleben heute einen Tag, den es meines Wissens in der Geschichte des Ortes so noch nicht gegeben hat. Eine Gemeinde, welche gar nicht mehr vor Ort lebt, weiht ihre neu renovierte Kirche ein.” Wenn man den gesamtsiebenbürgischen Kontext aber mitbedenke, sei man im Trend.

Leschkirch soll übrigens eine der Gemeinden gewesen sein, die nach der Wende am schnellsten erloschen ist. 1992 fand hier der letzte regelmäßige Gottesdienst und 2006 fand ein Wallfahrtsgottesdienst statt. Die einzige Seele, die bis 2006 noch in Leschkirch lebte, wurde regelmäßig zum Gottesdienst nach Alzen  mitgenommen.

Leschkirch ist bekanntlich der Geburtsort von Samuel von Brukenthal, dem einstigen Gubernator von Siebenbürgen. Die stolzen Leschkircher sollen die halbe Kirchenburg abgetragen und die heutige im klassizistischem Stil erbaute Kirche 1806 fertig gestellt haben.

„Für unsere Vorfahren aber auch für uns, die wir hier geboren und großgewachsen sind, hat dieses Gotteshaus natürlich einen unermesslichen Wert”, unterstrich Hans Bruno Fröhlich. „Wir sind hier getauft und konfirmiert worden, wir haben hier geheiratet und den Toten den letzten Dienst erwiesen. Wir haben sonntäglich Gottesdienst gefeiert, wir standen hier vor dem Altar, haben gebeichtet und das heilige Abendmahl empfangen. Chormusik ist hier gepflegt worden, Kinder sagten hier Gedichte zu Weihnachten, Adjuvanten bliesen vom Turm“. Fröhlich verbrachte seine ersten 14 Lebensjahre in Leschkirch, wo sein Vater zwischen 1986 und 1991 Kurator gewesen ist.

Auch der Vater des Vorsitzenden der HOG Leschkirch Walter-Andreas Theiss war hier Kurator. „Meinen Vater, Andreas Theiss, kannte ich seit ich ein Kind war nur als Kirchenvater oder Kurator”. Bis zu seinem Tod 1985 habe er noch seine Funktion als Kurator inne gehabt. 

Theiss hofft nun, im nächsten Jahr ein Leschkircher Treffen hier abzuhalten. 

Die Initiative der Sanierungsarbeiten kam durch den ehemaligen Leschkircher Gustav  Müller, der 2008 die Idee hatte, die um die Kirche angelegten „Türmchen“ zu restaurieren und sie sozial einzubinden, in die Gemeinschaft, durch Ausstellungen. 

Bei einem Leschkircher Treffen 2010 in Deutschland wurde beschlossen, die HOG Leschkirch als eingetragenen Verein zu gründen, mit dem Ziel des Erhalts des Kulturerbes. Es wurde zu Spenden aufgerufen wobei sich auch großzügige Spender meldeten. Angefangen wurde damit, zwei der Türmchen zu konservieren.  Eine finanzielle Basis schuf das Bezirkskonsistorium durch den Verkauf der alten Schule und des Gemeindesaals an das Bürgermeisteramt. Dann wurde die Kirche saniert, zunächst der Turm und das Dach, dann die übrige Fassade. „Dass auch der Innenraum hergerichtet wird, das hätten wir nicht erwartet”, sagte Walter-Andreas Theiss. 

Ein weiteres Ziel sei laut Dietrich Galter die Instandsetzung der Kirchenuhr.

Das ehemalige Pfarrhaus wurde vor einigen Jahren von den Pfadfindern bezogen, vor allem durch den Einsatz von Hans-Christian Habermann. Das Pfarrhaus ist nun so das ganze Jahr über bewohnt und vor allem im Sommer soll hier reges Leben herrschen. Die Türmchen werden ebenfalls von den Pfadfindern benutzt, die beispielsweise hier ihren Schwur ablegen. Die Kirche steht nun auch den Pfadfindern ebenfalls für kulturelle Aktivitäten zur Verfügung, die u. a. auch Touristen den Zutritt ermöglichen. In Leschkirch gibt es außer den Volontären, die hierher kommen, etwa 30 Kinder und Jugendliche aus der Gemeinde, die als Pfadfinder mitmachen. „Wir treffen uns jede Woche”, sagte Dana Ungur, die gegenwärtige Sommermanagerin und Volontärenkoordinatorin bei den Pfadfindern in Leschkirch ist. „Zu unseren Aktivitäten gehören Spiele, unterhaltsame Aktivitäten, die an unsere Mission als Pfadfinder gebunden sind“.

Im Anschluss wurde am Denkmal im Kirchhof eine kleine Andacht gehalten. Danach ging es zum Festessen, wo Kinder aus dem Dorf rumänische Volkstänze zeigten sowie die Schüler von Rosemarie Müller aus Alzen siebenbürgisch-sächsische. Das gesamte Fest wurde von der Neppendorfer Blaskapelle begleitet.

Dabei war auch Tilman Timm aus Berlin. Sein aus Kelling stammender Großvater Alfred Schmidt war von 1929 bis 1932 Pfarrer in Leschkirch. Dann wanderte er mit seiner Familie nach Deutschland aus. Als später eine Kirchenzeitungsreise durch Siebenbürgen führen sollte, versprach Timms Mutter, die in Siebenbürgen als Pfarrerstochter geboren war, dass sie ihnen, den Kindern, ihre Heimat schenke, wenn sie mitkämen. Sie soll dann aber traurig gewesen sein, als die Reisenden nur die großen Städte und nicht auch die Dörfer hier, vor allem ihr Heimatdorf, besichtigen konnten. Als die Mutter 2010 verstarb, entschied die Familie, das Begräbnis nicht wie üblich mit vielen Kränzen und Blumen zu machen sondern stattdessen das für die Kränze bestimmte Geld für einen guten Zweck in Siebenbürgen zu spenden.

Gedankt wurde im Verlauf des Festes auch weiteren in das Projekt implizierten Personen, darunter  dem aus Alzen stammenden Hans Tekeser sowie Bezirkskirchenkurator Andreas Huber und Martin Müller, Mitglied im Bezirkskonsistorium. Erwähnt wurde nicht zuletzt die Alzner Kuratorin Rosemarie Müller die, „seit die Leschkircher weg sind immer ein waches Auge für die Kirche hatte“. 

Werner FINK 

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