Anneliese Thudt – Mitverfasserin von sieben Wörterbuchbänden


Die 1927 in Mühlbach/Sebes geborene Mundartforscherin des Siebenbürgisch-Sächsischen, Anneliese Thudt, wird am 29. Mai achtzig Jahre alt. Nach dem Volksschulbesuch in Leschkirch/Nocrich (der aus Alzen/Altina stammende Vater war Rechtsanwalt in Leschkirch, die Mutter hier Lehrerin) und dem Gymnasialabschluss in Hermannstadt/Sibiu studierte sie zwischen 1947 und 1950 Germanistik in Klausenburg/Cluj. Mit Verlegung der Germanistik nach Bukarest setzte sie hier ihr Studium fort und beendete es 1951. Nach einer kurzen Tätigkeit beim „Neuen Weg“ ist sie dann zwischen 1953 bis 1958 als Lehrerin tätig (zunächst Lehrerin an der Allgemeinschule in Leschkirch, und von 1956 bis 1958 vertretungsweise Deutschlehrerin an der Brukenthalschule in Hermannstadt).

Anneliese Thudt war für die nun folgende wissenschaftliche Laufbahn als Mundartforscherin recht gut ausgestattet. Von Haus aus beherrscht sie sowohl die Alzner als auch die Leschkircher Mundart und hat dazu auch noch ein absolutes Gehör, das sie dann im Laufe der Jahre weiter schulen konnte. Deshalb muss es als eine äußerst glückliche Fügung betrachtet werden, dass sie von 1956 bis 1986 (30 Jahre) Mitarbeiterin des Siebenbürgisch-Sächsischen Wörterbuchs war. Von Professor Bernhard Capesius zur Lexikographin herangebildet, konnte sie in den Jahren 1977 bis 1986 die Arbeiten am Wörterbuch mit Kompetenz leiten, die jüngeren Mitarbeiterinnen bei ihren Bemühungen unterstützen und zu eigenen Studien anleiten.

Sie ist Mitverfasserin von sieben Wörterbuchbänden (G, H, I-J, K, L, M, N-P), deren Bearbeitung sie maßgebend bestimmt hat. Die in den 50er- und in den 60er- Jahren mit Gisela Richter unternommenen Erhebungen in den meisten Ortschaften des siebenbürgisch-sächsischen Mundartgebietes gehören heute zur wesentlichen mundartlichen Materialgrundlage des Siebenbürgisch-Sächsischen Wörterbuchs. Ein Resultat der gemeinsamen Feldforschung mit Gisela Richter ist auch der Märchenband „Der tapfere Ritter Pfefferkorn“ (Kriterion Verlag, Bukarest 1971), der eine Auflage von über 220.000 Exemplaren erlebte.

Eine neue Herausforderung für die Mundartforscherin brachte dann die administrative Eingliederung des Forschungsinstituts in das Hochschulinstitut von Hermannstadt 1974/75. In den 70er Jahren führte sie im vierten Studienjahr an der Philologiefakultät die von Professor Isbãsescu begonnenen Vorlesungen über Deutsche Gegenwartssprache weiter; 1976/77 hielt sie ein Seminar über deutsche und siebenbürgische Mundartenkunde im vierten Studienjahr und leitete 27 Diplomarbeiten über Mundartfragen an.

Die von ihr neben der Wörterbucharbeit verfassten wissenschaftlichen Beiträge sind von bleibendem Wert. Sie beziehen sich hauptsächlich auf phonetische, dialektgeografische, soziologische Aspekte des Siebenbürgisch-Sächsischen sowie auf Wortforschung und sind hauptsächlich in den „Forschungen zur Volks- und Landeskunde“ veröffentlicht worden. Wir wollen einige anführen: „Eine Besonderheit des siebenbürgischen Konsonantismus“ (1966); „Das Gesetz der Auslauterweichung im Siebenbürgisch-Sächsischen“ (1968); „Sprachsoziologische Schichtung einer Lokalmundart“ (in „Résumé des communications. Abstracts of Papers. Actes du X-ème congrès international des linguistes“, Bucarest 1978); „Zur Frage der Übernamen im Siebenbürgisch-Sächsischen“ (1970); „Zur sprachlichen Grenzbildung im Siebenbürgisch-Sächsischen“ (1975); „Aus der Arbeit des Siebenbürgisch-Sächsischen Wörterbuchs. Zur Wortforschung“ (1979); „Siebenbürgisch/rheinische Wortform“ (1980); „Zur Wortgeschichte von siebenbürgisch-sächsisch ‘Schütze’ und ‘Mandik’“ (1981); „Siebenbürgisch-sächsische Lehnwortgeografie. Zur Wechselbeziehung von ‘Nutš/Nuss’“ (1984). Dazu kommt ihre Mitarbeit am „Siebenbürgisch-Sächsischen Wortatlas“ (erschienen in Marburg 1997).

Während ihrer wissenschaftlichen Laufbahn konnte die Mundartforscherin sich an einigen positiven Ereignissen erfreuen: 1969/70 nahm sie ein Humboldtstipendium für sechs Monate beim Marburger Sprachatlas wahr; dem folgte 1995 die Verleihung des Timotei-Cipariu-Preises (zusammen mit anderen Bearbeiterinnenen) für den L-Band des „Siebenbürgisch-Sächsischen Wörterbuchs“; 2000 wurde sie für ihre 30-jährige Wörterbucharbeit von der Siebenbürgisch-Sächsischen Stiftung (Deutschland) mit dem Hans-Christian und Beatrix Habermann-Preis für Wissenschaft und Forschung ausgezeichnet. […]

Text von Sigrid Haldenwang auf adz.ro (Stand 18. April 2008).
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