Leschkircher Liedertafel


Zum Tode von Albert Fröhlich, Chorleiter der „Leschkircher Liedertafel“

Fünf Tage vor seinem 83. Geburtstag ist der langjährige Chorleiter unserer „Leschkircher Liedertafel“, Albert Fröhlich, gestorben. Er wurde in seinem Wohnort Burgdorf in Niedersachsen zur letzten Ruhe geleitet. Mit Ehegattin Maria, den drei Kindern, Schwiegerkindern und Enkelchen trauern die langjährigen Mitglieder der über 130-jährigen (1860-1995) „Leschkircher Liedertafel.“
Die Nachkriegszeit, Russlanddeportation, Entrechtung und Enteignung des gesamten Besitzes der deutschen Bevölkerung
Rumäniens hatte auch die Familien unserer Eltern in eine Notlage versetzt; so hatte man sich tagtäglich um das seelische und materielle Überleben zu sorgen. Um von den schwierigen Lebensbedingungen abzulenken, forderte „die junge Volksrepublik“ kulturelle Tätigkeiten. Zum richtigen Augenblick wurde der junge Lehrer Albert Fröhlich im Herbst 1948 an die neue Elementarschule berufen. Dies war ein Anlaß für die Chormitglieder der 1920er Jahre, die unter dem musikalisch sehr begabten Pfarrer Fritz Schuller den Harbachtalern ihr Können bewiesen hatten, nun auf diese Art ihre Alltagssorgen beiseite lassen zu können. Zu den älteren Sängerinnen und Sänger gesellten sich sogleich die Jungkonfirmierten und es gelang auf Anhieb, alte und neue Lieder vor eigenem Publikum loszuschmettem. Der Gesangverein trug den Namen „Chor des Kulturheims der Gemeinde Leschkirch“. 1951 traten auch Russlandheimkehrer hinzu, wodurch die Mitgliederzahl auf über 55 anstieg.
Auf Anordnung des Rayonalen Kulturamtes in Agnetheln wurden in den bis dato rein deutschen Chor auch Rumänen und Roma-Sänger/-innen aufgenommen. Bei den Regional- oder Landeswettbewerben der Laienformationen belegten unsere Sänger/-innen stets die ersten Plätze. Anläßlich einer Beratung mit den Dirigenten der Laienmusikgruppen in Bukarest (1957) hob Dumitru Botez, Dirigent des Chores der Staatsphilharmonie „George Enescu“, den Leschkircher Chor “ als einen Chor mit sehr guter Klangfülle“ hervor.
Die von dem staatlichen Kulturamt angeregte 100 – Jahrfeier am 2. – 3.Juli 1960, mit Beteiligung vieler Kulturformationen, die sowohl auf der Bühne im Gemeindesaal als auch auf Freilichtbühnen sangen und beklatscht wurden, war für die Staatsbehörden ein großes Ereignis. Von den über 100 Sängern/-innen des Leschkircher Chores waren diesmal ein Sechstel Rumänen und Roma. Es wurden 12 Sänger/-innen ausgezeichnet, dem Chor wurde der Arbeitsorden 3. Klasse verliehen. Ähnlich erfolgreich verliefen auch die 1960er Jahre.
Nach der Aussiedlung des Chorleiters Albert Fröhlich 1970 in die Bundesrepublik schrumpfte die Mitgliederzahl zu einem kleinen Kirchenchor. Auf dem l. HOG Treffen der Leschkircher (1986) gab es Anregungen zu einem Neubeginn, der sich dann nach der Revolution 1989 und der massiven Aussiedlung auch umsetzen ließ.
Die „Leschkircher Liedertafel“ trat dem Schwäbischen Sängerbund bei und wurde als eingetragener Verein geführt. Regelmäßige Chorseminare wurden abwechselnd in verschiedenen Ortschaften organisiert, die dem Chorleiter und auch den Sänger/-innen viel Freude bereiteten.
So sangen sie auch vor dem Publikum in Schwäbisch Gmünd, Dinkelsbühl, Heilbronn, Ulm, Bergkamen (Leschkircher Patengemeinde), Schwäbisch Hall, etc. Der Chor veranstaltete am 28. September 1991 ein Festkonzert vor Publikum im Kapellensaalmdes Ev. Diakoniewerkes Schwäbisch Hall, das über Hausfunk in das Krankenhaus und die beiden Seniorenheime übertragen wurde, so dass es von knapp 1 000 Menschen gehört wurde. In diesem festlichen Rahmen wurde der verdienten Singgemeinschaft „Leschkircher Liedertafel“ die vom Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker verliehene Zelter-Piakette von Landrat U. Stückle überreicht. Am selben Abend wurden Ehrungen an langjährige Chorsänger überreicht. Am 29. September hat der Chor den Hauptgottesdienst in der Auferstehungskirche des Diakoniewerkes mitgestaltet.
Das Altern der Sänger/-innen und das Fehlen von Jugendnachwuchs führten 1995 zum Ende des Chors.
In Gedanken verneigen sich auch die, die nicht bei der Beerdigung anwesend sein konnten, und sagen: „Danke lieber Chorleiter Albert Fröhlich, für die vielen Jahre, in denen Du uns begleitet und angeleitet hast, uns diese unvergessenen schönen Stunden ermöglicht hast! Wir gedenken in Liebe Deiner.“

November, 2008

von Michael Edling

Bild (oben): Leschkircher Chor 1956 in Bukarest

 

Preise, Ehrungen und Auszeichnungen, die der Chor „Leschkircher Liedertafel“ unter der Leitung von Albert Fröhlich erhalten hat:

1952 –  1. Platz, Rayonsphase, 3. Platz, Regionsphase (Kronstadt), 1954, 1956, 1959, 1961, 1964 – 1. Platz Regionsphase (Kronstadt), 1959 – 3. Platz, Endphase in Bukarest bei Landeswettbewerben der Laienchöre in Rumänien.

1995 – 3. Preis (Bronze) beim Internationalen Chorwettbewerb in Budapest, 3. Preis (Bronze) beim Internationalen Smetana – Chorwettbewerb in Litomysl (Tschechien)

1960 – Ehrung des Chores für sein 100-jähriges Bestehen mit dem Arbeitsorden 3. Klasse (Rumänien)
1991 – Zelter-Plakette (vergeben von dem Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker)

1993 – Aufnahmen auf Tonträger (CD und MC) unter dem Titel „Bäm alde Kirschbum“
1994 – widmet der NDR eine einstündige Sendung mit vielen Liedern und Interviews, dem Chor und seiner bewegten Geschichte.

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